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Montessori Pädagogik

Bericht aus der Sicht einer Montessori-Pädagogin:

Der Gruppenraum ist in bestimmte Einheiten gegliedert. Die Materialien stehen fein Säuberlich geordnet nebeneinander in den Regalen. - „Die vorbereitete Umgebung“. Ich beobachte ein Kind, das sich in den Bereich der „Übungen des praktischen Lebens“ aufhält. Es hat vor sich ein Tablett mit zwei kleinen Schalen. In einer befinden sich rote Linsen. In der rechten Hand hält das Kind einen Löffel. Es beginnt die Linsen umzurühren. Es hört auf das Geräusch, das dabei entsteht. Nun beginnt es die Linsen in die zweite Schale zu löffeln. Langsam füllt sich die kleine Schüssel. Als nur noch wenige Linsen in der ersten Schale sind, wird es schwierig den Löffel zu füllen. Immer wieder rutschen die orangen Dinger vom Löffel. Das Kind nimmt mit seiner linken Hand zu Hilfe. Vorsichtig schiebt es die Linsen auf den Löffel und leert diese in die Schale. Als nur noch drei Körner übrig sind, nimmt es die Schale mit der linken Hand und leert diese über der vollen aus.

Der Blick des Kindes ist die ganze Zeit sehr ernst. Als die zweite Schale gefüllt ist und die zweite leer, ist die Arbeit getan. Es huscht ein Lächeln über das Gesicht. Mit voller Konzentration war das Kind bei der Tätigkeit, die wir auch Arbeit nennen. Die Aufmerksamkeit galt nur dem Löffeln, um die Linsen in die Schale zu bringen. Der Arbeitslärm der anderen Kinder lenkte es keinen Augenblick ab. Es befand sich in der Phase „der Polarisation der Aufmerksamkeit“. Auch das Kommen und Gehen am Tisch störte die tiefe Konzentration des Mädchens nicht. Zufrieden trägt es das Tablett mit den Schalen wieder in das Regal zurück.

Ein Kind kommt zu mir und bittet mich, ihm den Anlautkasten zu zeigen. Buchstaben des Alphabets und die dazugehörigen Gegendstände und Kärtchen sind darin. Wir holen uns einen Teppich und richten uns einen Platz am Boden. Ich bitte das Kind, die Buchstaben aus Holz auf den Teppich zu legen. Das Kind entdeckt die Buchstaben aus seinem Namen. Es kann diese Buchstaben auch benennen. Durch meine Bitte, zu den Buchstaben die Gegenstände zu finden, fängt der Bub in der Schachtel zu kramen an. Bald entdeckt er den Löwen und sagt: „Den Löwen habe ich in meinem Namen.“ So sucht er auch die weiteren Gegenstände zu den Buchstaben. Ich zeige ihm, wie er eine Ordnung in seine Arbeit bringen kann. Sorgfältig legt er immer einen Gegenstand neben einen Buchstaben. Anerkennend wiederhole ich den Buchstaben und den Gegenstand, den das Kind gefunden hat. Lob ist nicht notwendig, denn das Strahlen im Kindergesicht zeigt die Zufriedenheit.

Ich werde kurz durch ein anderes Kind unterbrochen, das eine Frage an mich stellt. Luis schaut kurz auf und wartet geduldig, bis meine volle Aufmerksamkeit wieder bei unserer gemeinsamen Arbeit ist. Bei manchen Buchstaben braucht er meine Hilfe. Ich sage: „Das ist ein R. Welches Gegenstand fängt mit R an?.“ Luis versucht alle Dinge auf den Karten zu benennen. Er nimmt die Karte mit dem Räuber in die Hand und fragt mich. „Was ist das?“ Ich spreche die Bezeichnung Räuber sehr deutlich aus. Dabei betonte ich den Anfangsbuchstaben. Luis blickt mich an. Ich zeige ihm, dass auf der Rückseite der Karte ein Buchstabe abgebildet ist. Derselbe Buchstabe , mit dem der Räuber anfängt. Das Wort "richtig, toll,..." ist nicht notwendig. Luis kann die Kontrolle selbst machen.

Wir arbeiten so lange, bis jeder Buchstabe bei einer Karte liegt. Der Teppich ist voll gelegt und die Arbeit beendet. Der Bub betrachtet seine Arbeit und wiederholt noch viele Gegenstände. Gemeinsam räumen wir wieder alles in die Schachtel zurück und Luis trägt diese in das Regal zurück. Der Teppich wird von ihm auch aufgerollt und zurückgestellt. Am nächsten Tag holt er sich wieder den Anlautkasten. Diesmal macht er das Spiel alleine. Er braucht meine  Unterstützung nicht mehr. Er zeigt mir seine fertige Arbeit. Ich bemerke, dass er alle Figuren zu den Buchstaben gefunden hat. Luis strahlt und wiederholt in den nächsten Tagen die Arbeit immer wieder, bis sein Bedürfnis gesättigt ist und er sich sicher fühlt.

Mir gefällt an der Montessori- Pädagogik besonders der behutsame Umgang miteinander, mit den Materialien und die differenzierte Aufgabenstellung. Das Kind kann sich in jedem Bereich gesondert entfalten und entdeckt so seine Fähigkeiten und Stärken, aber auch Lust auf Neues. Es braucht den Erwachsenen nur zur Orientierung und zu kleinen Hilfestellungen, zur Bereitstellung der Materialien. Diese dienen auch zur Erweiterung der Wissensvermittlung. Dem Kind wird die Welt der Zahlen, Buchstaben und des Schreibens, Übungen den praktischen Lebens, der Sinnesmaterialien und des kosmischen und religiösen Bereichs bereitgestellt. Durch Darbietungen erkennt das Kind den Umgang mit den Materialien. So wird dem Kind die Welt der Erwachsenen eröffnet und es kann sich nach seinem Tempo und Bedürfnis damit auseinander setzen. Der Umgang untereinander ist wie die Botschaft einer Friedenserziehung. Die Kinder lernen im sozialen Bereich die Konfrontation über die Sprache. Die Pädagogin sieht sich als Beobachterin (schriftliche Mitschrift über den Arbeitsbereich und den Entwicklungsstand), als Vermittlerin und kann so gezielte Angebote setzen. Das Kind steht im Mittelpunkt. Die Kinder befinden sich in verschiedenen Altergruppen. Sie beobachten, helfen einander, wenn sie es wollen und lernen so von einander. Durch die vorbereitete Umgebung und die klaren Grenzen und Regeln kann sich das Kind frei im Raum entfalten. Wenn die körperliche Wahrnehmung beim Kind stimmt, findet eine selbstbewusste Entwicklung statt. Ich könnt gar nicht mehr anders mit Kindern arbeiten und beisammen sein. Die Freude an der Entfaltung der Kinder ist sichtbar und spürbar.

Johanna Urban

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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